Paradoxien der Mengenlehre

Kapitoly: Quantitäten, Plural Operationen, Abzählbare Mengen, Paradoxien der Mengenlehre

Die naive Mengenlehre enthält einige interessante Paradoxa, die schließlich zur Entwicklung einer detaillierteren Mengenlehre führten. Diese Paradoxa beruhen oft auf der Tatsache, dass es in der klassischen, naiven Mengenlehre möglich ist, dass eine Menge sich selbst als Element enthält.

Russells Paradoxon

Zu den berühmtesten Paradoxien gehört das Russellsche Paradoxon. Es lässt sich wie folgt definieren: Man betrachte die Menge N, die genau die Mengen enthält, die sich selbst nicht als Element enthalten. Wenn also eine Menge sich selbst als Element enthält, dann gehört sie nicht zur Menge N. Wenn sie sich selbst nicht enthält, dann gehört sie zur Menge N.

Die Frage ist: Enthält die Menge N die Menge N, also sich selbst, als Element?

Die Analyse der Fälle ergibt: Wenn die Menge N die Menge N nicht enthält, dann ist sie eine Menge, die sich selbst nicht enthält und sollte in der Menge N sein, d.h. N ∈ N sollte gelten.

Aber wenn die Menge N das Element N enthält, dann sollte N ∈ N nicht gelten, weil die Menge N nur solche Mengen enthält, die sich selbst nicht als Element enthalten.

Das Paradoxon besteht also darin, dass wir immer eine der Bedingungen verletzen. Wenn N ∈ N, dann widerspricht es der Definition der Menge N (sie enthält nur Mengen, die sich selbst nicht enthalten, hier enthält offensichtlich N N als Element) und wenn N ∈ N nicht gilt, dann verletzen wir wieder die Definition von N.

Wir können also eine solche Menge nicht konstruieren, was in einer ordentlichen Mengenlehre nicht passieren sollte.

Das Russellsche Paradoxon hat auch mehrere natürliche Interpretationen. Zum Beispiel das Barbierparadoxon. Es gibt einen Barbier in der Stadt, der genau die Leute rasiert, die sich nicht selbst rasieren. Die Frage ist, ob der Barbier sich selbst rasiert.

Das Cantorsche Paradoxon

Ein weiteres Paradoxon ist das Cantor'sche Paradoxon. Es beruht auf der Tatsache, dass bei einer Menge M die Potenzmenge P(M) (die Menge aller Teilmengen der Menge M) immer eine höhere Kardinalität hat, also größer ist. Bei endlichen Mengen ist dies auf den ersten Blick ersichtlich, bei unendlichen Mengen lässt es sich leicht beweisen. Diese Aussage heißt übrigens Cantor'scher Satz, dessen genauen Wortlaut und Beweis man bei Wikipedia nachlesen kann.

Das Paradoxon selbst ist schon einfacher als das vorherige. Stellen wir uns die Menge aller Mengen vor, bezeichnen wir sie mit M. Für jede beliebige Menge N gilt also N ∈ M. Nach dem Cantor'schen Lehrsatz ist die Kardinalität der Potenzmenge P(M) größer als die Kardinalität von M. Dies widerspricht jedoch der Tatsache, dass M alle Mengen enthält - wenn die Menge P(M) größer ist als M, muss sie notwendigerweise Elemente enthalten, die die Menge M nicht enthält.